Züchter aufgepasst – Kolikerscheinung im letzten Trächtigskeitsdrittel

Die Eigentümerin einer tragenden Stute stellte im letzten Trächtigkeitsdrittel Kolikerscheinungen fest.

Sie alarmierte sofort den Tierarzt. Dieser verabreichte jedoch nur ein krampf- lösendes und schmerzstillendes Medikament. Trotz Aufforderung lehnte er eine rektale Untersuchung ab.

Drei Stunden später führte er eine Kontrolluntersuchung durch und hinterließ ein die Darmtätigkeit anregendes homöopathisches Mittel.

Noch am gleichen Tag verabreichte er erneut entkrampfende und schmerz- lindernde Medikamente. Da keine Besserung eintrat, entschloss sich die Eigentümerin ohne Empfehlung des zuvor behandelnden Tierarztes, das Pferd sofort zur Veterinärmedizin der Justus Liebig Universität in Gießen zu bringen.

Dort wurde eine Gebärmutterdrehung ( Torsio uteri ad destram ) um 360 Grad festgestellt und eine sofortige Operation durchgeführt, bei der das Zurückdrehen der Gebärmutter jedoch nicht mehr möglich war.

Das Fohlen wurde der Gebärmutter tod entnommen und die Stute eingeschläfert.

Nach Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Falles und des Er- gebnisses einer Beweisaufnahme mit Sachverständigengutachten war das Gericht davon überzeugt, dass die Stute sowohl während des gesamten Vortages, als auch am Morgen des Folgetages deutliche Krankheitszeichen zeigte.

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen konnte der Tierarzt aber bereits am Vorabend auf Grund der anhaltenden Beschwerden nicht mehr davon ausgehen, dass bei der Stute nur leichte Kolikerscheinungen vorlagen.

Er hätte daher am Vorabend bereits mehrere Untersuchungen zur Ursache der Kolikerscheinungen durchführen müssen, insbesondere wäre eine weitere rektale Untersuchung unumgänglich gewesen.

Auch auf Grund der Zeugenaussagen hätte er diese Untersuchungen dringend erbringen müssen und zur sofortigen Einweisung in die Klinik raten müssen.

Im Ergebnis kamen der Sachverständige und das Gericht dazu, einen groben Behandlungsfehler des Tierarztes festzustellen.

Der Sachverständige hatte überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Gebärmutterdrehung sehr wahrscheinlich bereits am Vorabend hätte festgestellt werden können.

Dementsprechend wäre es die Pflicht des Tierarztes gewesen, dringend zur sofortigen Überweisung des Pferdes in die Klinik zu raten.

Eine Verkennung der Gebärmutterdrehung sei zweifelslos grob fehlerhaft.

Schliesslich wurde der Tierarzt und die hinter ihm stehende Berufshaftpflicht- versicherung verurteilt, Schadensersatz für den Tod der Stute und des Fohlen zu leisten.

 

Über die Authorin Rechtsanwältin Silvia Düx-Heiseler

Rechtsanwältin Silvia Düx-Heiseler betreibt seit 1984 eine selbständige Anwaltskanzlei. Durch aktive Reiterei und Mitgliedschaft in zwei Schleppjagdvereinen bearbeitet sie bevorzugt Pferderechtsfälle.
Da sie auf dem Land tätig ist, bearbeitet sie selbstverständlich auch allgemeine Rechtsfragen, wie zum Beispiel aus dem Bereich Familienrecht, Miet- und Verkehrsrecht.
Sie ist noch heute aktive Reiterin und Züchterin.

http://www.kanzlei-duex.com/


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