DER ARTIKEL IN KÜRZE
– Legaldefintion, Obhutschaden
– Absicherungsversicherungen für den gewerblichen Bereich
– Obhutschadenfälle aus der Praxis
So lange alles gut geht, unterschätzen viele Stallbetreiber die Gefahr von Obhutschadenfällen. Müssen Sie dann doch einmal für einen Obhutsschaden haften, ist dies mangels ausreichendem Versicherungs-schutzes nicht selten existenzgefährdend.
1. Der Obhutschaden
Bei dem Begriff Obhutschaden drängt sich zunächst der Verdacht auf eine unverständliche, antiquierte Diktion auf. Doch zeigt sich im Folgenden, welche tragende Rolle der Obhutschaden im täglichen Leben von Stallbetreibern einnehmen kann.
Zunächst sind nach der Legaldefinition Obhutschäden Schäden an fremden Sachen, die der Versicherungsnehmer, seine Mitarbeiter oder Angehörigen gebrauchen, befördern, verwahren oder bearbeiten.
Diese werden von der Haftpflichtversicherung normalerweise nicht gedeckt. Eine Ausnahme bildet die Privathaftpflichtversichern, allenfalls ist ein Selbstbehalt zu tragen.
2. Obhutschadenversicherung
Bei den Pferdeversicherungen für die gewerbliche Nutzung gibt es eine Vielzahl von Absicherungsversicherungen für den gewerblichen Bereich der Pferdebetriebe. Zum einen handelt es sich um eine Haftpflichtversicherung beispielsweise für Schulpferde und Verleihpferde, Therapiepferde und Kutschpferde (Kutsche und Planwagen), hinzu kommt eine Reitlehrerhaftpflichtversicherung und auch eine Pensionspferdehaftpflichtversicherung, gleich Obhutschadenversicherung. Pensionspferde sind Pferde, die in einem fremden Reitstall im Auftrag des Pferdebesitzers untergebracht werden.
Die Vielzahl der Pferdebesitzer verfügt nicht über die Möglichkeit sein eigenes Pferd bei sich zu Hause artgerecht unterzubringen und ist deshalb auf einen Pensionsstall angewiesen. Deshalb werden diese Pferde oftmals bei einem Landwirt, Reitverein oder einem gewerblichen Reitstall untergestellt. Dies geschieht dann gegen eine Entgeltzahlung. Die Höhe des Betrages richtet sich nach den vereinbarten Leistungen, die mit dem Pensionsbetrieb oder dem Reitstallbesitzer vereinbart wurden.
Rechtlich gesehen und unabhängig davon, welche weiteren Leistungen im Bezug auf das den und Haftpflichtansprüche können sodann sowohl an den Pferdebesitzer, aber auch den Betrieb bzw. den Tierhüter gestellt werden. Der Pferdehalter haftet aus der Gefährdungshaftung gem. § 833 BGB. Ausnahme bildet hier nur der Schaden für ein so genanntes Erwerbstier, das zur Einkommenserzielung gehalten wird. Obhutschäden können hingegen auch entstehen, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht so häufig passieren, wie Beispielsweise der Ausbruch aus der Koppel und eine danach folgende Kollision mit einem KFZ.
Ein Obhutschaden entsteht beispielsweise auch bei einer Kolik bei einem eingestellten Pferd aufgrund falscher Futtergabe, oder aber durch die Verletzung eines Pferdes durch eine Heugabel. Hierzu zählt auch die Verletzung eines Pferdes durch ein loses Elektrozaunkabel, oder durch einen im Stall herausstehenden Nagel.
3. Obhutschädenfälle aus der Praxis
In der Folge werden zwei, durch die Gerichte noch nicht entschiedene Obhutschadenfälle geschildert, die die unbedingte Wichtigkeit der Absicherung des Stallbetreibers auf diese Obhutschäden darstellen.
Der Inhaber eines kleinen Pensionsstalls führte über eine Landstraße nach dem Besuch des Schmiedes auf dem Hof zwei Pferde. Eines davon gehörte einer Besitzerin, die noch dazu den Inhaber bat, das Pferd zurück auf die Weide zu bringen, da sie hierzu keine Lust mehr hatte. Unglücklicherweise näherte sich entgegenkommend ein Omnibus, der trotz wilden Gestikulierens des Pferdeführers seine Geschwindigkeit nicht verminderte und in Folge dessen dem links gehenden Pferd über den linken Hinterhuf fuhr. Das Pferd erlitt einen Trümmerbruch und musste eingeschläfert werden. Der Busfahrer wurde zu einer Geldbuße, wegen Verstoßes gegen das Rechtsfahrgebot verurteilt. Der Pferdeführer hingegen erhielt einen Bußgeldbescheid, der jedoch nicht rechtskräftig ist. Dort wurde Ihm vorgeworfen, gem. § 1 Abs. 2, § 49 StVO, § 21 StVG, 1.4 BKat verstoßen zu haben. Nach Auffassung der Verfasserin des Artikels trifft den Bus jedenfalls die Hauptschuld an dem folgenschweren Unfall, auch aus dem Gesichtspunkt der größeren Betriebsgefahr. Die Pferdebesitzerin macht nun Ansprüche gegenüber dem Stallbetreiber, aus dem Gesichtspunkt des Obhutschadens geltend, indem sie behauptet, der Stallbetreiber hätte auf dieser engen Landstraße nicht zwei Pferde führen dürfen. Erschreckenderweise kommt für den Stallbetreiber hinzu, dass er keine Obhutschadensversicherung hatte. Es handelte sich um eine Trakehnerstute aus einer anerkannten Zucht, so dass die Gefahr besteht, dass für den kleinen Stallbetreiber der wirtschaftliche Ruin eintreten könnte.
Eine professionelle Hengstaufzuchtstation überließ einem 17-jährigen Azubi das Longieren eines „Problem“-Hengstes. Sie ließ diesen Hengst zunächst ausgebunden im Schritt sich aufwärmen, band Ihn ordnungsgemäß mit Dreieckszügeln aus. Nachdem sie das Kommando zum Antraben gab, fing dieser an zu „bocken“ und sprang in die Luft und kam so unglücklich auf, dass er sich das Genick brach. Die Stallbesitzerin hatte eine Obhutschadenversicherung. Der Gegner wendet jedoch ein, sie hätte das longieren des Problemhengstes nicht dem 17-jährigen Azubi übertragen dürfen, wenngleich diese Tätigkeit durch den Ausbildungsvertrag abgedeckt ist. Auch hier muss ein Sachverständiger zum Wert des Hengstes Stellung nehmen, diese Kosten werden jedoch, sowie die gesamten weiteren Prozesskosten auch von der Obhutschadenversicherung übernommen.
So tragisch und unangenehm dieser Unfall ist, kann jedoch die Hengsthalterin mit Gelassenheit dem Prozessende entgegensehen, da sie keinerlei Kostenrisiko trägt durch eben den Abschluss der Obhutschadenversicherung.
Ich gehe davon aus, dass diese beiden Fälle aufzeigen, wie dringend notwendig eine derartige Versicherung für jeden Stallbetreiber, selbst für einen gefälligen Landwirt wichtig und notwendig ist.
Über die Authorin Rechtsanwältin Silvia Düx-Heiseler
Rechtsanwältin Silvia Düx-Heiseler betreibt seit 1984 eine selbständige Anwaltskanzlei. Durch aktive Reiterei und Mitgliedschaft in zwei Schleppjagdvereinen bearbeitet sie bevorzugt Pferderechtsfälle.
Da sie auf dem Land tätig ist, bearbeitet sie selbstverständlich auch allgemeine Rechtsfragen, wie zum Beispiel aus dem Bereich Familienrecht, Miet- und Verkehrsrecht.
Sie ist noch heute aktive Reiterin und Züchterin.